Lippeaue zwischen Hamm und Lippstadt mit Ahsewiesen
Vogelschutzgebiet DE-4314-401
Größe
2301 ha
65 % des Vogelschutzgebietes (ca. 1503 ha) befinden sich in der öffentlichen Hand und der NRW Stiftung. Ca. 35 % sind private Flächen.
Lage
Kreis Soest, Kreis Warendorf, Stadt Hamm
Schutzstatus
Das VSG umfasst Naturschutzgebiete (NSG), FFH-Gebiete und Landschaftsschutzgebiete.
Naturschutzgebiete (NSG):
- NSG „Schlagmersch“ (75,62 ha)
- NSG „Mühlenlaar“ (73,9 ha)
- NSG „Lippeaue zwischen Schloss Oberwerries und Dolberg“ (30,9 ha)
- NSG „Oberwerrieser Mersch“ (75,4 ha)
- NSG „Haarener Lippeaue“ (102,7 ha)
- NSG „Lippeaue zwischen Dolberg und Uentrop“ (35,4 ha)
- NSG „Munnebach“ (41,3 ha)
- NSG „Lippeaue inkl. Kerngebiete“ (1.177 ha)
- NSG „Lippeaue westlich Lippborg“ (22 ha)
- NSG „Ahsewiesen“ (374 ha)
- NSG „Wulfesknapp/Krähenbrink“ (54 ha)
- NSG „Lippeaue zwischen Goettingen und Cappel“ (142 ha)
- NSG „Lusebredde“ (157 ha)
FFH-Gebiete:
- DE 4213-301 „Lippeaue zwischen Hangfort und Hamm“
- DE-4314-302 „Teilabschnitte Lippe – Unna, Hamm, Soest, Warendorf“, das FFH-Gebiet liegt teilweise im VSG Lippeaue mit Ahsewiesen
- DE-4315-301 „Lusebredde, Hellinghäuser Wiesen und Klostermersch”
- DE-4314-301 "Ahsewiesen"
Lebensräume und Bedeutung für das LIFE-Projekt
Das Vogelschutzgebiet umfasst durchgängig die Lippaue zwischen Hamm und Lippstadt sowie die südlich gelegenen Ahsewiesen. Es zeichnet sich durch einen abschnittsweise schon renaturierten Verlauf der Lippe mit einer natürlichen Fließgewässerdynamik aus. Die Auenbereiche werden überwiegend von Grünlandflächen eingenommen und von zahlreichen Altwässern, Röhrichten und Hochstaudenfluren sowie Resten naturnaher Auengehölze strukturiert. Einige Grünlandflächen entwickeln sich zu halboffenen Weidelandschaften. Die Ahsewiesen stellen einen sehr strukturreichen Grünlandkomplex aus vielen verschiedenen Grünlandgesellschaften unterschiedlicher Feuchtestufen dar. Flutrasen, Blänken und Stillgewässer sind in das Grünlandmosaik eingefügt.
Die naturnahen Grünlandkomplexe von Lippeaue und Ahsewiesen stellen in der Verzahnung mit vielen verschiedenen naturnahen Gewässerstrukturen einen landesweit bedeutsamen Lebensraum sowie wichtige Rast- und Überwinterungsgebiete für zahlreiche Vogelarten dar. Zu den Brutvogelarten, für die das Gebiet eine besondere Bedeutung hat, zählen z.B. Großer Brachvogel, Kiebitz, Wachtelkönig, Löffel- und Knäkente, Flussregenpfeifer, Eisvogel und Uferschwalbe sowie die Rohrweihe. Seit 2007 brütet der Weißstorch mit zunehmenden Beständen wieder im Vogelschutzgebiet.
Außerdem ist die Lippeaue ein wichtiges Rast- und Überwinterungsgebiet für z.B. Kampfläufer, Rotschenkel, Bruchwasserläufer, Pfeif-, Krick- und Spießente, Kiebitz und Bekassine.
Geplante Maßnahmen
Im Rahmen des LIFE Projektes sollen Maßnahmen in verschiedenen Räumen des Vogelschutzgebietes durchgeführt werden. Dabei stehen Maßnahmen zur Optimierung des Wasserhaushaltes sowie das Prädatorenmanagement im Vordergrund.
Maßnahmenräume
Das südlich der Lippeaue gelegene NSG Ahsewiesen umfasst einen drei Kilometer langen Teil der Ahseaue sowie der nördlich angrenzenden Hänge. Im nördlichen und östlichen Teil des Gebietes überwiegen durch Hecken begrenzte Flächen, die für die Arten der Gehölze wie Neuntöter oder Nachtigall eine Rolle spielen. Der überwiegende Teil der Ahsewiesen stellt sich als eine offene, von Mähwiesen und Weiden geprägte Niederung dar. Kleinere Teilbereiche wurden aus der Nutzung genommen, hier haben sich Hochstaudenfluren und Schilfbestände entwickelt. Rund 60 % der Grünlandflächen werden extensiv bewirtschaftet. Hier findet sich teilweise auch der FFH-Lebensraumtyp Magere Flachlandmähwiese. Bereits 1986 begannen erste Naturschutzmaßnahmen in den Ahsewiesen. Mittlerweile befinden sich knapp 45 % der Flächen im öffentlichen Eigentum. In einem LIFE-Projekt konnten von 1999 bis 2003 auf Teilflächen wesentliche Maßnahmen zur Verbesserung des Wasserhaushaltes wie Verschluss von Dränagen, Anstau von Gräben und Öffnung der Verwallung entlang der Ahse durchgeführt werden. Die Ahsewiesen haben eine große Bedeutung für Wiesenvögel im Kreis Soest: der Große Brachvogel hat einen Brutbestand von 10-12 Paaren und der Kiebitz von 25 Paaren. Weiterhin brüten vereinzelt Wiesenpieper (1-2 Paare) sowie Löffelente (1-3 Paare) und in Abhängigkeit von den Feuchtigkeitsverhältnissen Knäkente, Krickente und Wachtelkönig im Gebiet. Im Frühjahr haben die Ahsewiesen eine hohe Bedeutung für Rastvögel wie Kiebitz, Kampfläufer, Grünschenkel und Bruchwasserläufer. Auch der Goldregenpfeifer rastet regelmäßig im Gebiet, Kraniche übernachten alljährlich auf dem Heimzug. Besuchern des Gebietes stehen zwei Beobachtungseinrichtungen zur Verfügung.
Im Winter und zeitigen Frühjahr ist der Kernbereich der Ahsewiesen von großen Überschwemmungsflächen geprägt. Diese trocknen jedoch im Frühjahr bei langanhaltend geringen Niederschlägen frühzeitig ab, da die seitlichen Einzugsgebiete nicht eingebunden sind. Eine Einbindung ist aufgrund der Eigentumsverhältnisse nicht möglich. Ein Hauptaugenmerk des LIFE-Projektes liegt in den Ahsewiesen auf der Verzögerung des Austrocknungsprozesses im Frühjahr. Da andere Möglichkeiten nicht realisierbar sind, soll dies durch die Installation von Solarpumpen ermöglicht werden. Hierdurch sollen die Auenflächen zeitweise mit Wasser aus dem Fließgewässer Ahse beschickt werden. Daneben werden ehemalige Entwässerungsgräben sowie vorhandene Mulden und Kleingewässer umgestaltet, so dass sie von den Wiesenvögeln besser nutzbar sind. Einzelne Gehölzmaßnahmen sollen den Auenraum weiter öffnen.
Weiterhin erfolgt in dem Maßnahmenraum begleitend ein Prädatorenmanagement zur Erhöhung des Bruterfolges von Brachvogel und Kiebitz. So werden u.a. die regelmäßig besiedelten Brutplätze mit mobilen Litzenzäune bis zum Flüggewerden der Jungvögel eingezäunt.
Westlich von Lippborg gelegen umfasst der Maßnahmenraum Disselmersch/Meermersch auf rund drei Kilometer Länge die Lippeaue beidseits der Lippe und bindet sowohl die tief liegende Aue als auch die angrenzende Hochterrasse ein. In den tief liegenden Auenräumen finden sich nährstoffreiche lehmgeprägten Auenböden, die Hochterrassen dagegen sind von nährstoffarmen Sandböden geprägt. Die Flächen sind überwiegend von der Nordrhein-Westfalen-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege erworben worden. Sie werden extensiv als Mähwiesen oder Weiden genutzt. In der Disselmersch konnte bereits 2005 die Überschwemmungshäufigkeit deutlich erhöht und das Einzugsbiet angebunden werden. Ein für die Lippeaue typisches Flutrinnensystem wurde angelegt, mit dem Aue und Fluss verbunden werden. Kleinere Nebenbäche wurden in die Aue geführt, durchfließen nun diese und führen zu naturnäheren Wasserverhältnissen. Der Teilraum Meermersch dagegen weist noch einen sehr ungünstigen Wasserhaushalt auf. In der Disselmersch brüten Kiebitz, Flussregenpfeifer, Löffelente, Krickente und bei guter Wasserversorgung auch Knäkente. In Einzeljahren bilden Brachvogel und Bekassine ein Revier aus. Auf den Weideflächen brüten Wiesenpieper und Neuntöter.
Die gut entwickelte Disselmersch hat für Rastvögel eine hohe Bedeutung. Viele Arten der Watvögel und Enten rasten hier. Bei günstigen Niederschlagsverhältnissen finden sich in den tiefliegenden Auenbereichen ganzjährig Wasserflächen, so dass in diesen Jahren die Disselmersch auch für den Wegzug eine Bedeutung hat. Besuchern der Disselmersch steht eine Beobachtungseinrichtung zur Verfügung.
Der Teilraum Disselmersch ist bereits gut entwickelt, hier sollen im Rahmen des LIFE-Projektes lediglich vorhandene Gewässer etwas verbessert werden. In dem Teilraum Meermersch soll entsprechend der guten Erfahrungen aus der Disselmersch ebenfalls die Überschwemmungshäufigkeit durch die Anlage eines Flutrinnensystems mit Anbindung an die Lippe erhöht werden. In der Aue werden Entwässerungsgräben verschlossen und Dränagen aufgehoben. Einzelne Kleingewässer sollen angelegt werden. Das Wasser aus dem Einzugsgebiet kann jedoch aufgrund der Eigentumsverhältnisse nur teilweise für die Verbesserung des Wasserhaushaltes genutzt werden. Extensiv genutzte Wiesen sollen durch eine Mahdgutübertragung artenreicher werden. Eine bereits etablierte Ganzjahresbeweidung mit robusten Rinden und Pferden wird ausgedehnt, hHierfür müssen einige neue Zäune gesetzt werden.
Der Lippeauenraum Ostmersch/Bovenmersch liegt östlich von Hultrop. Der Maßnahmenraum ist geprägt von extensiv genutzten Wiesen unterschiedlicher Feuchtestufen. Er wurde bereits 2011 im Rahmen eines EFRE-Projektes teilweise entwickelt. Damals wurden am Auenrand verlaufende Entwässerungsgräben verschlossen und in der Ostmersch ein kleiner Teil der Einzugsgebiete angebunden. Im Maßnahmenraum brüten vereinzelt Kiebitze und in Jahren mit günstigen Wasserverhältnissen Löffelenten. Im Frühjahr stellt der Maßnahmenraum für den Heimzug der Watvögel und Enten als Rastplatz eine größere Bedeutung dar.
Der Maßnahmenraum trocknet im Frühjahr aufgrund der fehlenden Anbindung maßgeblicher Einzugsgebiete früh aus. Die Anbindung der Einzugsgebiete stellt daher die wesentlichste Maßnahme des LIFE-Projektes dar. Hierzu soll ein Fließgewässer, welches Wasser aus dem Einzugsgebiet zur Lippe führt, in den Maßnahmenraum geführt werden. Die Zufuhr des Wassers soll steuerbar sein, damit eine Bewirtschaftung der Flächen weiterhin gewährleistet werden kann. Ergänzend soll in dem Teilraum Ostmersch ein Teil des noch aktiven Entwässerungsgrabens verschlossen werden. Die Gräben werden durch Abflachen der Böschung naturnah gestaltet. Ein Weg, der durch die Aue führt soll an den Auenraum verlegt werden. Hierdurch wird zum einen der Auenraum beruhigt und gleichzeitig für die Naherholung ein Rundweg geschaffen.
Direkt westlich an die Stadt Lippstadt grenzt der Maßnahmenraum, der das NSG Lusebredde und den östlichen Teil des Kerngebietes Hellinghauser Mersch des NSG Lippeaue umfasst. Im Wesentlichen handelt es sich um extensiv genutzte, artenreiche Wiesen und Weiden, in die Kleingewässer und Gehölze sowie ein größeres Schilfgebiet und ein kleiner Auwald eingebettet sind. Die Lippe wurde hier in den Jahren 2007 bis 2013 umfassend renaturiert. Im Ostteil der Hellinghauser Mersch sowie in der Lusebredde brüten Kiebitze, der Große Brachvogel kommt in manchen Jahren vor. Je nach Höhe des Wasserstandes im Jahresverlauf brüten Knäk-, Krick-und Löffelente und Wasserralle im Gebiet., ehr vereinzelt wurde auch das Tüpfelsumpfhuhn nachgewiesen. Die Bedeutung des Maßnahmenraumes für rastende Watvögel hängt ebenfalls stark von den jeweiligen Wasserständen ab. In größeren Gruppen von bis zu 1000 Tieren überwintern Blässgänse im Gebiet.
Der Ostteil der Hellinghauser Mersch sowie das NSG Lusebredde trocknen aufgrund der fehlenden Einbindung des seitlichen Einzugsgebietes in regenarmen Frühjahren rasch aus. Daher soll in diesem Maßnahmenraum der Wasserhaushalt durch Einleitung von Wasser aus einem das Gebiet durchfließenden Bach, der Gieseler, optimiert werden. Es ist vorgesehen, im Winter und Frühjahr bei ausreichend hohen Wasserständen Wasser aus der Gieseler in das Gebiet zu leiten, so dass sich bis in das späte Frühjahr hinein ausreichend Wasserflächen und feuchte Senken bilden. Außerdem sollen Stillgewässer optimiert bzw. neu angelegt werden. In der Lusebredde sollen lippenahe Wiesen zusätzlich durch eine Grundwasserpumpe im Frühjahr stärker vernässt werden. Es ist zudem vorgesehen, im Gebietsteil Lusebredde im Jahr 2023 eine neue Beobachtungsmöglichkeit einzurichten.
Weiterhin erfolgt in den Maßnahmenräumen begleitend ein Prädatorenmanagement, mit dem Ziel, die sich ansiedelnden Wiesenvögel durch eine Erhöhung des Bruterfolges zu stützen.